Unter dem Titel Open Arts. Partizipative Praktiken zwischen Kunst, Wissenschaft und Forschung präsentiert die Akademie der bildenden Künste Wien zusammen mit der Ludwig Boltzmann Gesellschaft eine neue Weiterbildungsreihe. Wir entwickeln in diesem Weiterbildungsprogramm Methoden der Teilhabe und der Zusammenarbeit für offene Forschungsprozesse zwischen Kunst und Wissenschaft. Insbesondere lernen die Teilnehmer:innen, wie man andere Disziplinen und relevante gesellschaftliche Gruppen in die eigenen Projekte miteinbeziehen kann. Anwendungsorientiert werden künstlerisch-kreative Partizipationsformen mit Methoden aus verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen in Dialog gebracht und gemeinsam umgesetzt.  

Im November 2020 arbeiteten Ruth Mateus-Berr und Ines Häufler mit den Teilnehmer:innen zu Methoden und Strategien der Narration, und im Juni 2021 folgten im Rahmen des zweiten Workshops Fragestellungen rund um Kunst/Forschung/Gesellschaft.

Am 13. Oktober 2021 findet nun der Workshop Entwurf und Reflexion mit Ille C. Gebeshuber sowie Michael Hieslmair und Michael Zinganel (Tracing Spaces) statt, für den man sich ab sofort bewerben kann. 

CALL: ENTWURF UND REFLEXION – Modelle und Werkzeuge künstlerischer Intervention 

Den bunten und vielfach miteinander verwobenen Lösungen der belebten Natur stehen die pragmatisch technischen Monolithen der menschlichen Technik gegenüber. Besonders Beton, Kohle und Stahl zogen hier einst eine Grenze. In Form einer Diktatur des rechten Winkels wurden sie zum Inbegriff der grau strukturierten Antworten auf die vielen Bedürfnisse unserer Gesellschaft. So stark war ihre Dominanz, dass auch das Denken der Menschen davon beeinflusst wurde. Die Ordnung der Geometrie sowie die Geometrie der Ordnung prägten das 20. Jahrhundert. Erst in den letzten Jahrzehnten erblühten neue Lösungsansätze und die Natur wurde nicht nur als Kunstwerk oder Schöpfung betrachtet, sondern auch als ein unerschöpflicher Ideengeber für die menschliche Entwicklung erkannt. Bei näherer Betrachtung des Lebens erscheint bald alles als ein Wunder und kreative Lösungen finden sich auf allen Ebenen. Die Natur ist sparsam, aber hocheffektiv; sie ist einfach, aber gerade deshalb genial. 

Im Rahmen des Workshops präsentiert Ille C. Gebeshuber den Bereich der BIONIK, in dem die BIOlogie der TechNIK Pate für viele Erfindungen steht. Von besonderem Interesse sind dabei die Strukturfarben, die Farben auf eine ganz andere Art entstehen lassen als die Farben, die wir aus dem Alltag kennen. Im wahrsten Sinne des Wortes stehen hier Entwurf und Reflexion in einem direkten physikalischen Zusammenhang, denn hier reflektiert eine genau definierte Oberflächenstruktur nur bestimmte Teile des auftreffenden Lichtspektrums – Farben entstehen ganz ohne Pigmente. Im Sinne der Partizipation und kollektiven Intervention erforschen die Teilnehmer:innen dieses Phänomen in einem Hands-on Teil; sie können dabei ein Strukturmuster auf Schokolade übertragen und so die Schönheit der Schillerfarben direkt sehen und in gewisser Weise auch schmecken.

In forschungsbasierten Kunstprojekten untersuchen Michael Hieslmair und Michael Zinganel Knotenpunkte in Logistik-Landschaften und an transnationalen Straßenverkehrskorridoren als Orte alltäglicher Begegnungen und Geschichten von sozialen Akteur:innen, die – weitgehend unbedankt – zur Erhaltung unseres hohen Lebensstandards beitragen. In diesem Workshop werden Probleme des transdisziplinären und soziale Milieus übergreifenden Arbeitens diskutiert. Dazu stellen wir die von uns entwickelten Methoden einer mobilen immersiven Forschung vor, insbesondere die Kapazität von Karten/Maps zur Darstellung von Mobilitätserfahrungen im Raum, aber auch die Praxis des Live-Mapping (als Verb) als relationales Werkzeug zur Stimulierung der Interaktion zwischen verschiedenen mobilen Akteur*innen (Zinganel & Hieslmair, 2016, 2017, 2019). 

Die Zwischen-Ergebnisse der Forschung werden in unseren Projekten durch künstlerische Interventionen vor Ort an diese Knotenpunkte im Forschungsfeld zurückgespielt, denn an Busbahnhöfen, Autobahnraststätten oder Verteilerzentren werden die etablierten Begriffe von Öffentlichkeit und öffentlichem Raum in Frage gestellt: hier werden ständig Gemeinschaften temporär neu gebildet und wieder aufgelöst. In diesen miteinander vernetzten Archipelen zeigen sich alternative Modelle eines (Post-)Urbanismus, der – angetrieben von poly-rhythmischen Verdichtungen des Kommens und Gehens – zunehmend auch unseren Alltag prägt.

WORKSHOP-LEITER:INNEN

Ille C. Gebeshuber

Ille C. Gebeshuber ist Physikerin. Ihre Hauptarbeitsgebiete sind Nanotechnologie, (Nano-)Tribologie und Biomimetik, seit November 2008 ist sie an der TU Wien für Experimentalphysik habilitiert. Von 2009 bis 2015 hielt sie eine volle Professur an der nationalen Universität von Malaysien (UKM), seit 2016 ist sie wieder in Wien, an ihrem Institut an der TU Wien. Sie beschäftigt sich damit, wie eine neue Art des Denkens und eine andere Herangehensweise an die Dinge dazu beitragen kann, die globalen Probleme der Menschheit erfolgreich zu adressieren. Ihre aktuellen Arbeiten beleuchten dabei unter anderem Strukturfarben in der Biologie, und wie man diese umweltfreundlichen, nicht ausbleichbaren und funktionalisierbaren Mikro- und Nanostrukturen effizient herstellen und in der Technik verwenden kann – für eine nachhaltige Zukunft. 

http://www.ille.com

Michael Hieslmair und Michael Zinganel
Tracing Spaces

Tracing Spaces, 2012 von Michael Hieslmair und Michael Zinganel gegründet, konzipiert, gestaltet und produziert Forschungsprojekte und künstlerische Interventionen im öffentlichen Raum, sowie Ausstellungen, Publikationen und Vermittlungsformate zu Themen der Architektur, Stadtforschung, Mobilität(en). Seit 2015 betreibt Tracing Spaces unter dem Titel Museum Nordwestbahnhof einen Projektraum am Wiener Nordwestbahnhof, wo eingebettet das soziale Milieu der Logistiklandschaft sukzessive eine mehrschichtige multimediale Kartografie der Geschichte des Ortes und der Migrations- und Mobilitäts-Erfahrungen von hier tätigen Akteuren erstellt wird.

https://tracingspaces.net/

Teilnahme

Bewerben können sich Studierende sowie Absolvent_innen und Jungforscher_innen von Universitäten und Fachhochschulen, die entweder bereits mit offenen Forschungsmethoden arbeiten und ihre Methodenkenntnisse vertiefen oder diese erwerben wollen. Ein Hintergrund aus Themenbereichen wie Open Science, Open Design, Open Access, Open Knowledge ist von Vorteil.     

Bewerbung: bis 06. Oktober 2021 

Du möchtest teilnehmen? Bitte füll‘ bis 6. Oktober 2021 das Bewerbungsformular vollständig aus! 

Jury-Sitzung: 7. Oktober 2021 

Die mittels Jury ausgewählten max. 10 Personen bzw. Projekte werden im Anschluss an die Jury-Sitzung umgehend per eMail informiert. 

 

    Daten & Fakten

     

    Open Arts. Workshop: Entwurf & Reflexion

    Datum: 13. Oktober 2021

    Uhrzeit: 10:00 – 17:00 Uhr

    Ort: Villa Schapira, Max Emanuel-Straße 17, 1180 Wien

    Vortragssprache: Deutsch

     

    Corona-Hinweis

    Ein gültiger negativer PCR-Test ist – auch bei aufrechter mehrmaliger Impfung – beim Check-in vorzuweisen. 

    Es gilt die FFP2-Maskenpflicht.